Sylvia Reckel (Text und Fotos)
Bald ist Hochsommer, die wärmste Zeit des Jahres, und wir genießen lange laue Sommerabende im Freien. Fast unmerklich hat die Natur kurz zuvor einen Schalter umgelegt. Ab Ende Juni werden die Tage wieder kürzer, und der Höhepunkt der Vegetationsentwicklung und der Blütenfülle ist überschritten. Die Laubblätter der Bäume sind voll ausgebildet, und ihr frühlingsfrisches Hellgrün ist durch ein kräftigeres, dunkleres Grün ersetzt. Mit dem sogenannten Johannistrieb Ende Juni, einem zweiten Austrieb von Blättern und Zweigen bei manchen Laubbaumarten, ist das Längenwachstum der Bäume für dieses Jahr beendet. Kirschen und Johannisbeeren sind reif, und in der ersten Julihälfte beginnt mit der Wintergerste bereits die Ernte.
Am Anfang dieser Periode blüht noch die Winterlinde, die der Sommerlinden-Blüte ab Ende Juni folgt und noch in großer Fülle Nektar und Pollen für Honigbienen, Wildbienen und andere Insekten bereitstellt. Doch sobald dieser Blütenhöhepunkt vorbei ist, beginnt eine schwierige Zeit für das geflügelte Volk. Mit einer entsprechenden Pflanzenauswahl in den Gärten lässt sich hier ein wenig Abhilfe schaffen.
In unserem Präriebeet öffnet ab Anfang Juli der Rote Sonnenhut seine Blüten und zieht die Insekten auf der Suche nach Pollen und Nektar an. Der Rote Sonnenhut stammt aus Nordamerika und gilt als traditionelle Heilpflanze der Ureinwohner zur Stärkung des Immunsystems. Es gibt verschiedene Sorten, nicht nur rosa bis rote, sondern auch weiße und gelbliche Varianten. Manche davon sind empfindlich und kommen nach meiner Erfahrung im nächsten Jahr nicht wieder. Als zuverlässig über Jahre hinweg und als besonders prächtig hat sich bei mir die Sorte „Magnus Superior“ erwiesen. Die Blüte ist purpurfarben und relativ farbintensiv. Mit einer Höhe von bis zu einem Meter ist die Pflanze ziemlich eindrucksvoll.
Roter Sonnenhut (Echinacea purpurea) ‘Magnus superior’
Der Rote Sonnenhut wächst im Präriebeet gern in Gesellschaft mit weiteren insektenfreundlichen Stauden. Empfehlenswert sind zum Beispiel die Präriekerze oder Prachtkerze (Gaura) mit ihren weißen Blütenwolken und die blaue Kugeldistel (Echinops) in Kombination mit verschiedenen Gräsern. In unserem Präriebeet sind auch verschiedene Sorten der Purpur-Königskerze (Verbascum phoenicum) zu finden, die im Hochsommer schon verblüht sind, aber manchmal zu dieser Zeit noch den Tisch decken für die wunderschön gezeichneten Raupen eines Nachtfalters, des Braunen Mönchs. Offenbar hat sich hier in unserem Garten ein ausgewogenes Miteinander zwischen diesen blattfressenden Raupen (Larven) und Königskerzen-Pflanzen ergeben. Das Nahrungsangebot reicht, damit sich aus den Raupen eine bestimmte Anzahl an Faltern (ausgewachsenen Insekten) entwickeln kann. Die Raupen nehmen aber niemals so überhand, dass die Pflanzen kahl gefressen würden. Es verschwinden immer nur ein paar Blättchen, und im nächsten Jahr blühen die Königskerzen wieder unversehrt wie immer.
abgeblühte Purpur-Königskerze (Verbascum phoenicum) mit Raupen des Braunen Mönchs (Cucullia verbasci)
Die Nachfalterart Brauner Mönch ist mit ihren Larven und damit letzendlich auch als erwachsener Falter ausschließlich auf die verschiedenen Arten der Königskerze angewiesen. Sie sind in Gärten, an Wegrändern und auf Brachflächen beheimatet. Verschwinden oder verändern sich die Lebensräume dieser Pflanzen, verschwindet auch der Braune Mönch, da seine Raupen ohne Königskerzen keine Nahrung finden. Anders als in den anderen Biotopen haben wir es im Garten jedoch in der Hand, was dort wächst und blüht. Am besten ist eine große Vielfalt an Pflanzen. Je größer im Garten die Artenvielfalt, umso größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass Larven auch spezialisierter Insektenarten Nahrung finden und sich zum erwachsenen Tier entwickeln können. Und je mehr von den angestammten Lebensräumen in der freien Natur verschwinden, umso wichtiger werden die Gärten, um diese Verluste ein wenig zu kompensieren.
Ebenfalls an bestimmte Pflanzen gebunden ist der Schwalbenschwanz, ein Schmetterling, der mittlerweile selten geworden ist. Er ernährt sich als Raupe von verschiedenen Doldengewächsen wie Möhren, Kümmel und Fenchel und sucht sie als erwachsenes Tier zur Eiablage auf. Es schadet also nichts, etwas Wilde Möhre im Garten zu haben, die man in bestimmten Ecken einfach sich selbst überlässt.
Schwalbenschwanz (Papilio machaon)
Bei uns finde ich den Schwalbenschwanz immer mal wieder auch am Gewürzfenchel, der mittlerweile nicht nur im mediterranen Kräuterbeet wächst, sondern sich auch an anderen trockenen Bereichen des Gartens niedergelassen hat. Aus den Wurzelstöcken entwickeln sich jedes Jahr bis zu zwei Meter hohe Pflanzen, deren Blüten im Hochsommer bei Schwebfliegen und anderen Insekten heiß begehrt sind. Teilweise lasse ich die Samen ausreifen und nutze sie für Tee oder zum Würzen von mediterranen Gerichten.
Überhaupt sind mediterrane Kräuter gut geeignet, um für Insekten die blütenarme Zeit im Hochsommer zu überbrücken. Sehr zu empfehlen ist Oregano, der um diese Zeit blüht und auch im Blumenbeet eine gute Figur macht. Voraussetzung sind eher trockene Gartenbereiche, ebenso wie beim Bergbohnenkraut, auf dessen hübsche weiße Blüten im Juli/August insbesondere die Honigbienen „fliegen“.
Ein Strauch des Hochsommers ist der Sommerflieder, den es in vielfältigen Sorten gibt, insbesondere in Farbschattierungen von Pink, Magenta, Rosa, Violett oder Blau. Er kommt mit Trockenheit und Hitze hervorragend zurecht, ein echter Vorteil in Zeiten tendenziell immer heißer und trockener werdender Sommer. Sein zweiter Name ist Schmetterlingsflieder, was damit zusammenhängt, dass sich Schmetterlinge oft in großer Zahl an den Blüten versammeln. Oft kann man die langen Rüssel beobachten, die die Falter in die Blüten stecken, um an den Nektar zu gelangen. Wird der Rüssel nicht benötigt, wird er einfach unter dem Kopf zusammengerollt, damit er im Flug nicht stört. Nicht nur Edelfalter wie Tagpfauenauge oder Admiral findet man am Schmetterlingsflieder, sondern auch kleinere Schmetterlingsarten wie diese elegante Gespinstmotte, die jedoch nichts mit den Kleidermotten zu tun hat, die an unseren Wollpullovern fressen.
Sommerflieder (Buddleja davidii) mit Gespinstmotte (Yponomeuta spec.)
Und das Taubenschwänzchen, von dem ich in der letzten Ausgabe berichtet habe? Im Hochsommer sind die meisten Roten Spornblumen bereits verblüht, so dass der Treibstoff für diesen großen Flugkünstler woanders gefunden werden muss. Hier kommt der sommerblühende Phlox ins Spiel. Er ist ein wichtiger Nektarlieferant in der Hochsommerzeit, nicht nur für die Taubenschwänzchen. Der Hohe Sommer-Phlox wächst bei uns in verschiedenen Sorten im lichten Schatten auf humosem Boden und im selben Beet wie die Akeleien im Frühsommer.
Es gibt noch eine andere Phlox-Art in unserem Garten, den Großblatt-Phlox (Phlox amplifolia), der im Präriebeet sein Zuhause hat. Diese robuste und gesunde Phlox-Art verträgt deutlich mehr Trockenheit als der Hohe Sommer-Phlox. Auch den Großblatt-Phlox gibt es in verschiedenen Sorten, die mit ihren Namen wie „Winnetou“, „Apanatschi“ oder „Tecumseh“ auf die Herkunft dieser Pflanze hinweisen: Nordamerika. Dort ist dieser Phlox ursprünglich beheimatet, in den Appalachen und im Hochland von Tennessee und Missouri in lichten Wäldern und an Gehölzrändern.
Großblatt-Phlox (Phlox amplifolia) „Winnetou“
Phloxe sehen nicht nur wunderschön aus und liefern Nektar für die Insekten, sondern viele Sorten duften auch fantastisch. Da möchte man doch Karl Foerster, dem großen deutschen Staudenzüchter und Garten-Poeten zustimmen, der unter anderem viele bekannte Sorten des Hohen Sommer-Phlox gezüchtet hat. Er sagte über ihn: „Ein Garten ohne Phlox ist ein Irrtum.“