Sylvia Reckel (Text und Fotos)
Es ist ein Fest. Es wurde und wird geerntet – auf den Feldern, in Plantagen, in Gemüse- und Obstgärten. Spätsommer und Herbst haben Früchte jeglicher Art zu bieten, oft im Überfluss. Auch Beete im Garten können in dieser eher blütenarmen Zeit noch einmal so richtig auftrumpfen und den Insekten ein Nektar- und Pollenfest bereiten, wenn wir die entsprechende Pflanzenauswahl treffen. Ein Farbenfest für unsere Augen ist es dann noch obendrein. Also genießen wir die Zeit, bevor der lange graue Winter kommt!
Unverzichtbar für diese Jahreszeit sind die verschiedenen Asternarten und -sorten. Die Fülle ist groß, so dass hier nur einige wenige als Beispiel genannt werden sollen. Viele Astern lieben die Sonne wie die blaublühende Kissenaster, die in unserem Präriebeet im Spätsommer als erste zu blühen beginnt und die Insekten magisch anzieht.
(Aster dumosus „Blaue Lagune) mit Schwebfliege
Kurz darauf öffnen die anderen Astern nach und nach ihre Blüten wie beispielsweise die Rauhblatt-Astern „Violetta“ und „Rosa Sieger“ oder die Glattblatt-Aster „Karminkuppel“. Für Liebhaber von wildhaften Beeten empfehle ich noch die lockerwüchsige Aster pringlei „Pink Star“. Zusammen mit weißen Prachtkerzen (Gaura), verschiedenen Stauden-Sonnenblumen und Gräsern ergibt sich ein farbenprächtiges Bild. Und noch dazu ein Nahrungs-Eldorado für Insekten! Schön ist es dann, mitten im Beet einen kleinen Sitzplatz zu haben und von dort nicht nur die Blüten zu bewundern, sondern auch das summende Kleingetier auf der Suche nach Nektar und Pollen aus der Nähe beobachten zu können. Wer diese Kombination in großem Stile genießen möchte, dem empfehle ich, um diese Jahreszeit den Berggarten in Hannover zu besuchen. Hier wurde Mitte der 90er Jahre auf 5.000 Quadratmetern der erste Präriegarten Deutschlands angelegt. Rund 900 beschriftete Pflanzenarten und –sorten bieten jede Menge Anregung für die eigene Gestaltung. Zu den Astern wäre noch zu sagen, dass es nicht nur sonnenhungrige gibt, sondern auch Arten, die Schatten tolerieren oder dort zu Hause sind. Hierzu gehören die Blaue Waldaster (Aster cordifolius „Little Carlow) oder die Weiße Waldaster (Aster divaricatus). Gerade weiße Blütenpflanzen können schattige Bereiche im Garten durch ihre helle Blütenfarbe optisch zum Strahlen bringen.
Kerzenknöterich (Bistortia amplexicaulis)
Nicht nur im Präriebeet, sondern auch an anderen sonnigen Plätzen in unserem Garten wächst der Kerzen-Knöterich, der ebenfalls bei Insekten sehr beliebt ist. Es gibt ihn in vielen verschiedenen Sorten. Die meisten sind rot oder dunkelrosa, aber es gibt auch helle Formen, die vor dunklem Hintergrund besonders gut wirken. Kerzen-Knöterich besticht nicht nur durch seinen prächtigen Wuchs von bis zu 120 cm Höhe und die schönen Blüten, sondern auch durch die lange Blütezeit von Juli bis in den Oktober hinein.
Eine eher kurzlebige Staude, die bis in den Spätsommer hinein immer wieder Blüten schiebt, ist die Duftende Nachtkerze, die gerne an nährstoffarmen Plätzen wächst und – wie der Name vermuten lässt – wunderbar duftet. Ihre Blüte ist zartgelb mit einer dunkleren Mitte und einem grünlichen Stempel. Die Knospen changieren terrakottafarben. Auch wenn die Mutterpflanze nach einigen Jahren verschwindet, bleibt diese Art dem Garten erhalten, vorausgesetzt, man bietet ihr die Möglichkeit, sich an ihr zusagenden Plätzen zu versamen. Die Duftende Nachtkerze öffnet ihre Blüten am Abend. Sie blühen dann je nach Temperatur mehr oder weniger lange bis in den nächsten Vormittag hinein. Tagsüber werden die Blüten gerne von Schwebfliegen besucht, in der Nacht kommen die Nachtfalter, um sich den süßen Nektar zu holen.
Duftende Nachtkerze (Oenothera odorata)
Die allermeisten Nachfalter werden erst aktiv, wenn es dämmert. Im Vergleich zu den Tagfaltern sind sie farblich unscheinbar, denn Farben werden nachts nicht gesehen und spielen daher um diese Tageszeit im Naturgeschehen keine große Rolle. Bei den Nachtfaltern sind vorrangig Duftstoffe wichtig, beispielsweise bei der Partnersuche und beim Finden der Nahrungsquellen. Daher duften von Nachtfaltern besuchte Pflanzen meistens sehr stark, wie auch das Ausdauernde Silberblatt (Lunaria rediviva), die verschiedenen Arten und Sorten von Geißblatt (sehr zu empfehlen ist das Japanische Geißblatt Lonicera japonica 'Halliana'), oder meine Staudenclematis mit dem Sortennamen „Kassandra“.
Der Gemüsegarten hat im Hochsommer und oft auch noch im Spätsommer für Insekten ebenfalls einiges zu bieten. Gerne werden hier die Blüten von Zucchini oder Kürbis besucht. Und wer wie bei früheren Bauerngärten in seinen Gemüsebeeten Nutzpflanzen mit einjährigen Sommerblumen kombiniert hat, stellt den Insekten hier noch mehr Nahrung zur Verfügung.
Es bieten sich an dieser Stelle Ringelblumen an, die in den Gemüsebeeten gegen Nematoden und Drahtwürmer wirken, aber auch andere Einjährige wie Sonnenblumen, Zinnien, Kapuzinerkresse oder Päonienblütiger Mohn, der sich bereitwillig immer wieder selbst aussät. Er kommt in zarten Farben von hellviolett bis lachsfarben vor und ist ein echter Insektenmagnet. Die dunkleren Flecken am Grund der Blütenblätter dienen dabei den Besuchern als Orientierungshilfe und weisen ihnen beim Anflug den Weg zur süßen Nahrungsquelle.
Päonienblütiger Mohn ((Papaver paeoniflorum) mit Schwebfliegen
Das alles und auch die anderen in den bisherigen Bergpost-Ausgaben von Vorfrühling bis Herbst beschriebenen Pflanzen sind natürlich nur ein kleiner Einblick in die vielen Möglichkeiten, die wir Insekten bieten können, und die gleichzeitig unser Auge und Herz erfreuen. Es gäbe noch so viel zu schreiben, zum Beispiel über all die Sorten von Glockenblumen und Storchschnabel. Über die Zistrosen aus dem Mittelmeerraum, die bei mir in Töpfen wachsen, damit sie gut über den mitteleuropäischen Winter kommen. Über ungefüllte Pfingstrosen wie die weiße Sorte „Jan van Leuwen“ oder die rote „Buckeye Belle“. Viel zu sagen gäbe es auch zu blühendem Klee im Rasen, zur im September/Oktober blühenden Altersform von Efeu oder bei den Bäumen über den Bienenbaum (Euodia hupehensis), der ab Juli/August in seinen Blüten große Mengen an Nektar produziert. Und selbst Rhododendron ist besser als sein Ruf, denn seine Blüten werden gerne von Hummeln besucht.
Warum das Ganze mit der Insektenhilfe überhaupt? Klar, diese Tiere bestäuben Pflanzen, die unsere Nahrungsgrundlage darstellen. Aber hier könnte man ja meinen, dass diese Aufgabe zukünftig auch von winzig kleinen und speziell programmierten Drohnen erledigt werden könnte. Dieser Gedanke ist jedoch sehr kurz gesprungen. In der Natur ist alles miteinander verwoben. Insekten dienen unter anderem als Nahrung für Singvögel und Fledermäuse. Diese wiederum sind Nahrungstiere für Greifvögel und Eulen, deren Jungtiere dann von Füchsen, Mardern oder Wildschweinen gefressen werden. Unter normalen Bedingungen sind von einer Art immer so viele Exemplare vorhanden, dass alle satt werden, und die Art trotzdem nicht ausstirbt. Eine dieser Nahrungsketten geht in eine andere über und verzweigt sich mehrfach. In dieses Gewebe der Natur ist auch der Mensch als lebendiges Wesen eingebunden. Bei einer artenreichen Natur mit vielen Nahrungsbeziehungen ist das Netz stabil und der Mensch darin gut aufgehoben. Und nicht zu vergessen: Der Mensch braucht Schönheit und Natur für sein Wohlbefinden, für die Seele. Das alles kann keine Technik ersetzen.