Mittelalterliche Grundherrschaft

In den Jahren nach 1302 gelangten etliche der Lüderser Höfe, die Lüderser Kirche und der Zehnt über die Ländereien in den Besitz des Klosters Loccum. Diese Zisterzienserabtei, eine Filialgründung des Klosters Volkenroda in Thüringen, wurde 1163 von den Grafen von Hal-lermunt gestiftet, die den Kern ihrer Herrschaft um Springe schrittweise ausdehnten. Das Kloster verfügte in seinem engeren Bereich über dichten Besitz, den es von Haupthöfen (Grangien) mit eigenem Personal (Konversen) bewirtschaften ließ. Vom Ackerbau über die entwickelte Fischteichwirtschaft bis hin zu zahlreichen Gewerben wirtschaftete das Kloster autark. Als im Laufe des 14. Jahrhunderts eine Agrardepression begann, die zur Aufgabe zahlreicher Siedlungen führt (Wüstungsphase), zerfiel diese gleichsam moderne Organisation. Die Zisterzienserklöster ließen ihren Besitz, ebenso wie bei anderen Grundherren seit langem üblich, von hörigen Bauern auf eigenständigen Höfen bewirtschaften. Auch Loccum löste die Grangien auf und erwarb nunmehr selbst in vom Kloster entlegenen Gebieten einzelne Bau-ernhöfe und den Zehnten über ganze Feldmarken. Der Zehnt, ursprünglich zur Ausstattung der regionalen Kirchen eingezogen, meinte jede zehnte geerntete Garbe. Gerade in der Nähe von Städten war der Zehnt mittlerweile ein renditeträchtiges Handelsgut geworden. So unter-hielt das Kloster in Hannover einen Stadthof (Osterstraße, nähe Aegidienkirche, heute Park-haus), um Überschussprodukte zu vermarkten. Ergänzend lieferte die Grundherrschaft des Klosters über einzelne Höfe sichere zusätzliche Getreideeinnahmen und verschiedene Leis-tungen an (Klein-)Vieh, Eiern, anderen landwirtschaftlichen Rohprodukten und auch an Geld.

uedersen Ortsgrundriss-neuIn den weiteren Schriftquellen des Spätmittelalters und des 16. Jahrhunderts werden als Grundherren der Lüderser Bauern die Ritterfamilien Knigge, Rössing, Goltern sowie der Bischof von Minden, später auch die von Bennigsen und das Stift Fischbeck genannt. Alle Indi-zien deuten darauf hin, dass Lüdersen ein Bauerndorf war. Gewerbe, wie in Holtensen oder in Völksen, unfangreiche Dienstleistungen wie im Klosterort Wennigsen scheint es über das Notwendigste hinaus nicht gegeben zu haben.

Es mag sein, dass Lüdersen im Rahmen der Wüstungsphase nicht schrumpfte. Zwar fiel die Bevölkerungszahl in Europa von Beginn des 14. bis zur Mitte des 15. Jahrhunderts generell, doch konzentrierten sich die überlebenden Menschen auf die bedeutenderen Orte. Um Lüder-sen wurden im Bogen von Norden nach Osten drei Kleindörfer aufgegeben: Wenningrode, Stamsdorf und Disber. Im Fall von Wenningrode lässt sich die Umsiedlung von zwei verblei-benden Höfen nach Holtensen nachvollziehen.

Seit dem 13. Jahrhundert bildete über der Grundherrschaft, die ein Bischof ebenso wie ein Kloster oder ein regionaler Adliger ausübte, die Landesherrschaft von Territorialfürsten aus. Schon Heinrich der Löwe hatte als Herzog von Bayern und Sachsen in der Mitte des 12. Jahr-hunderts eine überregionale Oberhoheit ausgebaut. In Nordwestdeutschland reichte sie von der Ostsee bis Westfalen. Seit Heinrichs Entmachtung 1180 im Konflikt mit Kaiser Fried-rich I. (Barbarossa) zerfiel sein welfischer Herrschaftsbereich. Zwar verständigten sich Staufer und Welfen bereits 1235, doch wurde die welfische Hoheit auf das neue Herzogtum Braunschweig und Lüneburg im Osten Niedersachsens beschränkt. Im Raum Hannover muss-ten sich die Welfen daher erst neu etablieren. In der Stadt Hannover drängten sie 1241 den Einfluss der Grafen von Roden zurück. Südlich, am Rande des Herrschaftsbereiches des Hil-desheimer Bischofs gründeten sie an der Leine alsbald die Burg Calenberg (bei Schulenburg) und drängten von hier aus bis 1411 auch die bis nach Pattensen sich ausdehnenden Grafen von Hallermunt zurück.